Brut- & Setzzeit
Alle Jahre wieder - nämlich jeweils vom 1. April bis zum 15. Juli - steht die sog. Brut- und Setzzeit ins Haus. Sie hat nicht nur für die Tiere in Feld und Wald eine besondere Bedeutung, sondern auch für alle Hundehalter. Denn während dieses Zeitraums gilt gebietsweise Leinenpflicht auf freien Flächen, Feldern, Wiesen und in Wäldern. Wo genau diese Leinenpflicht gilt, darüber gibt es widersprüchliche Infos im Netz. Manche sagen, die Leinenpflicht gilt deutschlandweit. Manche sagen, sie gilt nur in einigen Bundeländern, in anderen sei sie von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich geregelt.
Wie auch immer die Gesetzeslage nun tatsächlich ist, ich finde es wünschenswert, dass man sich als Hundehalter Gedanken zur Brut- und Setzzeit macht und verantwortlich damit umgeht.
Ich möchte zu diesem Thema einen Text von A. Clauser (Irish Terrier-Züchter) zitieren:
“Liebe Hundefreunde,
im Frühjahr kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Jägern und anderen Naturfreunden einerseits und Hundehaltern, die ihre Hunde im Außenbereich frei laufen lassen, andererseits.
Ein Hauptgrund dafür ist, dass kaum ein Hundehalter erkennt, welche gravierenden Auswirkungen auf die Tierwelt der Hund – gerade im Frühjahr – haben kann, auch wenn er freilebende Tiere nicht direkt jagt und hetzt.
Sowohl in stadtnahen Gebieten als auch in der intensiv landwirtschaftlich genutzten Landschaft können sich viele Tierarten nur noch knapp behaupten. Um eine möglichst artenreiche Fauna zu erhalten, müssen diese Tierarten so gut wie irgend möglich vor schädlichen Einflüssen geschützt werden. Schon der Verlust eines einzigen Exemplars, einer Brut oder einiger Jungtiere kann fatale Folgen für die Gesamtpopulation haben.
Durch Hunde besonders gefährdet sind alle offen lebenden Tierarten, die sich und Jungtiere nicht durch Rückzug auf Bäume oder in Höhlen schützen können. Bei den Vögeln sind dies die Bodenbrüter wie Kiebitze, Lerchen, Rebhühner, Wachteln und Fasane, bei den Säugetiere vor allem Hasen und Rehe.
Hasen und Rehe legen ihre Jungtiere in den ersten Lebenswochen sorgfältig versteckt ab und suchen sie nur wenige Male am Tag auf, um sie zu versorgen. Verscheucht jetzt ein freilaufender Hund das Muttertier, sind die zurückbleibenden Jungtiere durch Hunger und Beutegreifer aufs Höchste gefährdet.
Der Hundehalter erkennt oft gar nicht, dass ein Wildtier vertrieben wurde, wenn sein Hund „nur mal eben“ an einer Hecke entlang gelaufen ist. Und wenn er von einer Hetze bald zurückkommt, scheint „ja gar nicht passiert“ zu sein.
Ein folgenschwerer Irrtum, der sich bei bodenbrütenden Vögeln noch gravierender auswirken kann. Denn ein vom Gelege verscheuchter Vogel deckt sein Gelege nicht ab, wie er es tut, wenn er sich planmäßig vom Nest entfernt. Die offen zurückbleibenden Eier werden häufig innerhalb von Minuten von Krähen oder anderen Rabenvögeln entdeckt. Das Schicksal des Geleges ist damit besiegelt.
Dabei ist es so einfach, eine Schädigung der Tierwelt durch den eigenen Hund zu vermeiden."
Dieser Text ist sehr aufschlussreich. Der oft gehörte Satz "Mein Hund jagt nicht! Er läuft nur kurz 'ne Runde, und dann kommt er von selber wieder. Und fangen tut er eh nix, dazu ist er viel zu langsam." ist demnach ein schwacher Trost für die Wildtiere, die sehr wohl durch einen freilaufenden Hund gestört und geschädigt werden können.
Jeder mag nun für sich selbst die Frage beantworten, ob sein Hund immer zuverlässig auf den Spazierwegen bleibt und zu 100% abrufbar ist.
Pflicht und Gesetz hin oder her - wie wäre es, wenn wir Hundehalter einfach mit gutem Beispiel vorangehen und unsere Hunde aus Respekt vor der Natur in dieser Zeit angeleint lassen?
"Oh nein! Mein Bello dreht doch total durch, wenn der dreieinhalb Monate nur an der Leine raus darf. Der ist doch dann total unausgelastet. Hunde müssen rennen und toben dürfen!"
Natürlich brauchen Hunde Bewegung, und natürlich soll ein Hund auch mal toben dürfen. Es wird aber kein Hund durchdrehen, wenn er von April bis Mitte Juli angeleint geführt wird. Die meisten Hunde "drehen" nicht deshalb durch, weil sie so "unausgelastet" sind, sondern im Gegenteil nie gelernt haben, auch mal Ruhe zu halten und sich zu entspannen. Manche wohlmeinenden Hundehalter gehen zudem viel zu viel mit ihren Hunden spazieren, dazu dann noch montags Agility, dienstags Unterordnung, mittwochs Flyball usw. Die armen Hunde werden permanent hochgepusht und kriegen die ganzen Stresshormone nicht abgebaut (diese Hormone werden in Sekundenschnelle ausgeschüttet, brauchen aber deutlich länger, um wieder auf Normalniveau abzusinken).
Solche Hunde ähneln überdrehten Kindern, die spätabends nicht ins Bett wollen. Sie sind hochgedreht, brauchen aber Ruhe und Schlaf und definitiv nicht noch mehr Bewegung und Aktivitäten.
Hunde brauchen viel Schlaf, dazu ruhige und qualitativ hochwertige Spaziergänge und sinn- und maßvolle geistige Auslastung. Sie brauchen NICHT tägliches stundenlanges Rumtoben oder stupide Bällchenspiele oder übertriebene Sportangebote.
Im Wesentlichen geht es ja darum, dass die Hunde nicht vom Weg abkommen und durchs Unterholz stöbern. Warum also nicht eine Schleppleine dran machen (gibt es in fast jeder beliebigen Länge) und dem Hund beibringen, auf dem Weg zu bleiben? Mithilfe der Schleppleine kann man prima verhindern, dass der Hund vom Weg abkommt, UND er hat einen Radius von fünf, zehn oder mehr Metern, innerhalb derer er sich bewegen kann. Das reicht.
Warum denn nicht die Brut- und Setzzeit für ein ordentliches Leinenführigkeits- und Orientierungstraining nutzen?
Hunde können sehr wohl auch über längere Strecken und Zeiträume entspannt an lockerer Leine laufen - an der kurzen ebenso wie an der langen (Schlepp). Wenn das bisher noch nicht so gut klappt, dann ist derzeit gezwungenermaßen die beste Gelegenheit dafür, es anzupacken! :-)
Dazu ein paar Gehorsamsübungen, ruhige Schnüffel- und/oder Apportierspiele oder ein paar Tricks während des Spaziergangs einbauen. Fertig. Hund ist glücklich und ausgelastet auf diese Weise - versprochen. :-)
Liebe Grüße -
Eure Natalie